Unsere Pflanzen haben Bedürfnisse. Der Boden, in dem sie wachsen, hat Bedürfnisse. Wir als Gärtner:innen haben Bedürfnisse (wir wollen ernten, und zwar viel!). Das klingt nach Lobbyarbeit und harten Kompromissen. Dabei liegt es nur an uns, ob wir langfristig Erfolg beim Gärtnern haben können. Wir erklären dir die Zusammenhänge zwischen dem Stickstoffbedarf deiner Pflanzen und der Stickstoffkonzentration in deinem Boden. Eine Hilfestellung für die praktische Umsetzung im Gemüsebau ist dabei die Unterscheidung in Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer.
Das erwartet dich:
Ein bisschen klingen die Begriffe wie liebevolle Umschreibungen für Menschen mit großem oder kleinem Appetit – und im Grunde spielen sie genau darauf an. Die Einteilung in Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer ist ein beliebtes Bild, um den Nährstoffbedarf verschiedener Pflanzenarten im Gemüsebeet zu veranschaulichen. Aber wovon und woran wird hier eigentlich gezehrt?
Ihre Nahrung beziehen Pflanzen aus der Luft und aus dem Boden. Sie benötigen Wasser, Licht, CO2, O2 und verschiedene Nährstoffe für ein gesundes Wachstum und reiche Ernte. Neben Phosphor, Calcium, Kalium, Magnesium und Schwefel brauchen sie auch verschiedene Spurenelemente. Bei der Unterscheidung in Stark-, Mittel- und Schwachzehrer geht es aber um die Menge an Stickstoff, die eine bestimmte Pflanze aus dem Boden zieht, um zu überleben.
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Stickstoff nutzen deine Pflanzen für das Blattwachstum. Fehlt ihnen in der vegetativen Phase, also der Phase, in der sie Blätter bilden, Stickstoff, so bleiben sie klein, wurzeln schlechter, bekommen gelbe Blätter und bilden kleinere Früchte. Eine ausreichende Stickstoffversorgung ist außerdem grundlegend für die Aufnahme anderer Nährstoffe. Wenn über Jahre hinweg nur Starkzehrer in einem Garten angebaut werden, entziehen sie dem Boden entsprechend viel Stickstoff und laugen diesen aus. Für nachfolgende Kulturen bleibt dann nichts mehr übrig.
Aber Vorsicht: Es kann auch zu viel des Guten geben. Zu viel Stickstoff schwächt die Pflanzen und macht sie damit anfällig für Krankheiten und Schädlinge.
Nur wenn du den individuellen Stickstoffbedarf deiner Pflanzen kennst, kannst du den Boden in der passenden Menge mit Stickstoff düngen oder deine Pflanzen entsprechend dem Stickstoffgehalt im Boden auswählen. Auf diese Weise kannst du die Bepflanzung in deinem Garten so planen, dass du mit möglichst wenig Düngung auskommst oder sogar ganz auf zusätzlichen Dünger verzichten kannst.
In Tabellen wie der folgenden kannst du nachlesen, welche Pflanzen Starkzehrer sind, also viel Stickstoff aus dem Boden ziehen, und welche als Schwachzehrer den Stickstoffgehalt im Boden kaum beanspruchen oder ihn sogar mit Stickstoff anreichern:
Wenn du dir das alles nicht merken oder im Garten immer wieder deine Tabelle dabeihaben willst, kannst du dich an den folgenden groben Anhaltspunkten orientieren:
Starkzehrer sind oft schnell wachsende Pflanzen mit großen Früchten, zum Beispiel viele Kürbis- und Nachtschattengewächse wie Gurken, Auberginen und Tomaten.
Viele Blatt- und Wurzelgemüsesorten sind Mittelzehrer (z.B. Salat, Möhren).
Kleines Blattgemüse (z.B. Rucola, Feldsalat), Pflanzen mit kleinen Früchten (z.B. Erdbeeren, Radieschen), Blumen und Kräuter sind meist Schwachzehrer.
Hülsenfrüchte, also Erbsen und Bohnen, sind ebenfalls Schwachzehrer und reichern den Boden sogar mit Stickstoff an.
Alle Pflanzen und Tiere brauchen Stickstoff zum Leben. Gut, dass Stickstoff der Hauptbestandteil der Atemluft ist. Einziges Problem: Weder Pflanzen noch Tiere können den einfachen, gasförmigen Stickstoff aus der Luft (N2) direkt aufnehmen. Nur durch die Vorarbeit spezieller Bodenbakterien, die Stickstoff in wasserlösliche Stickstoffverbindungen (zuerst in Ammonium, dann in Nitrit und Nitrat) umwandeln, können Pflanzen Stickstoff für die Herstellung von Proteinen nutzen, die wiederum von Tier und Mensch über die Nahrung aufgenommen werden.
Die Bindung von Stickstoff aus der Luft in wasserlösliche Verbindungen nennt man Stickstoff-Fixierung. Stickstofffixierende Bakterien sind zum Beispiel in tierischen Ausscheidungen zu finden, aber auch Cyanobakterien („Blaualgen“) haben die Fähigkeit, Sticksoff aus der Luft zu binden.
Außerdem kann Stickstoff aus der Luft durch chemische Prozesse (Ammonium und Nitrat als Düngemittel), Blitzschlag (Nitrat) oder Verbrennung fixiert werden. Bei der Verbrennung fossiler Energieträger (z.B. in Motoren) wird Stickstoff in Stickoxide umgewandelt und freigesetzt.
Schmetterlingsblütler (Leguminosen), also Bohnen, Erbsen, Linsen, Lupinen, Klee usw., leben in Symbiose mit bestimmten stickstofffixierenden Bakterien, die an ihren Wurzeln sitzen (Knöllchenbakterien). Wenn wir solche Pflanzen anbauen, fördern wir auch den Aufbau von Stickstoffverbindungen im Boden – und haben noch dazu eine proteinreiche Mahlzeit auf dem Tisch.
Einige Forscher sehen im Anbau von Leguminosen sogar eine Lösung für die weltweite Ernährungskrise. Hülsenfrüchte gedeihen auch auf extrem kargen Böden und sind nicht auf tierische Düngung oder Nitrat aus dem Boden angewiesen, da sie über die Symbiose mit den Wurzelbakterien Stickstoff direkt aus der Luft aufnehmen können.
Streng genommen sind Hülsenfrüchte also nicht nur Schwachzehrer, sondern sogar Bodenverbesserer – wenn man ihnen die Arbeit ihrer Knöllchenbakterien anrechnet.
Nach dem Absterben von Leguminosen und anderen Pflanzen gelangen die Stickstoffverbindungen zurück in den Boden, um nachfolgende Pflanzen zu ernähren (Gründüngung) – sofern wir oder unsere Nutztiere nicht alles aufessen.
Weitere Vorteile der Gründüngung:
Wurzeln lockern den Boden auf und ersparen mühsames Umgraben
Schutz vor Erosion durch festigendes Wurzelwerk
Pflanzenreste versorgen Regenwürmer und andere Bodenlebewesen mit Nahrung und helfen ihnen, Humus herzustellen
Abgestorbene Pflanzen bilden eine schützende Mulchschicht.
Beispiel Klee: Als Schmetterlingsblütler speist Klee bereits während seiner Vegetationszeit Stickstoff in den Boden ein. Lässt man ihn stehen, gelangen die Stickstoffverbindungen aus der Pflanze (z.B. Proteine) mithilfe von Mikroben, Bakterien und Pilzen zurück in den Boden, wo Bakterien wiederum Ammonium, Nitrit und Nitrat daraus herstellen.
Tipp: Eine Gründüngung im Herbst schützt dein Beet über den Winter, lockert es auf und versorgt es für das Frühjahr mit Stickstoff – so können die Starkzehrer kommen!
Bleibt nur noch die Frage: Was passiert mit dem ganzen Stickstoff, den Bohnen & Co fleißig im Boden einlagern? Bleibt der dort für immer liegen? Nein. Der Kreislauf schließt sich durch Bakterien, welche die Stickstoffverbindungen wieder auflösen und Stickstoff (N2) an die Luft abgeben.
Zurück zur Praxis, genauer gesagt: zur Vierfelderwirtschaft. Sie wurde schon von unseren Vorfahren in der kleinbäuerlichen Landwirtschaft praktiziert und ist wichtiger denn je. Sie funktioniert ganz einfach. Man teilt eine Fläche in vier Felder ein, auf denen man jeweils abwechselnd nach einem Jahr der Gründüngung oder der Brache im ersten Jahr zunächst Starkzehrer anbaut, im zweiten Jahr folgen Mittelzehrer und im dritten Jahr müssen sich Schwachzehrer mit den Resten des im Boden fixierten Stickstoffs begnügen. Mit der Gründüngung startet der Kreislauf von neuem. Diese wird auf dem Feld belassen und in den Boden eingearbeitet.
Die moderne Landwirtschaft sieht aufgrund unseres hohen Bedarfs nach billiger Energie und Nahrung anders aus: Seit Jahrzehnten laugen intensive Bewirtschaftungsformen die Böden aus. So werden zu oft hintereinander schnell wachsende Pflanzen angebaut, die den Boden überbeanspruchen, weil sie große Mengen an Nährstoffen und Stickstoff benötigen.
Um den ständigen Nährstoffmangel auszugleichen, werden Stickstoffverbindungen (Nitrat) in Form von Kunstdünger auf den Felder ausgebracht. Der Boden kann die enormen Mengen Nitrat nicht aufnehmen. Durch Regen gelangt zu viel davon in Gewässer und ins Grundwasser – was wiederum eine Gefährdung für Menschen, Tiere und Pflanzen darstellt.
Auch die intensive Tierhaltung trägt dazu bei, dass Felder mit Stickstoff überdüngt werden. Tiermist enthält ebenfalls Nitrat, was in kleinen Mengen unbedenklich ist und den Boden mit wertvollen Stickstoffverbindungen anreichert. Jedoch produziert eine große Herde Rinder sehr viel Mist, der wiederum auf die Felder ausgebracht wird. Die Fläche dieser Felder steht aber meist nicht im Verhältnis zur Menge der ausgebrachten Exkremente – die Überdüngung ist unausweichlich.
Eine Rückkehr zum ausgewogenen Kreislauf der Vierfelderwirtschaft würde unsere Böden regenerieren und unser Grundwasser vor Verunreinigungen schützen.
Den Sprung ins Gemüsebeet nahm die Vierfelderwirtschaft über die Bauerngärten, die auch schon früher sehr intensiv genutzt wurden. Weil aber wohl kaum ein Garten so groß ist, dass man ihn als „Feld“ bezeichnen würde, spricht man hier meist allgemeiner von „Fruchtfolge“ und „Fruchtwechsel“. Auch hier teilt man den Garten in vier Felder oder Segmente ein; Gründüngung, Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer werden jährlich bzw. innerhalb einer Saison abgewechselt.
Wie wir beim Anlegen unseres Beetes vorgegangen sind, zeigen wir dir in unserem Video:
Jede Pflanze hat ihren individuellen Stickstoffbedarf. Eine Stickstoffüberversorgung führt ebenso zu schlechterem Wachstum und geringeren Erträgen wie eine -unterversorgung. Das heißt, es ist durchaus möglich, dass sich für Mittelzehrer im ersten Jahr nach der Düngung zu viele Nährstoffe im Boden befinden und sie dadurch schlechter wachsen.
Manche der Mittelzehrer auf der Liste benötigen aber noch verhältnismäßig viele Nährstoffe, zum Beispiel Kohlrabi oder Salat. Außerdem werden mit einer Gründüngung nicht derart große Mengen Stickstoff in den Boden eingebracht, dass eine Überdüngung von Mittelzehrern möglich ist. Anders sieht es bei Kunstdünger oder Mist aus. Hier solltest du etwas sparsamer mit der Düngung umgehen und sie gezielt einsetzen, d.h. auf die Bedürfnisse der Mittelzehrer reduzieren. Im nächsten Jahr werden dann wieder Schwachzehrer angebaut.
Auf deinem Balkon brauchst du natürlich keine vier Felder anzulegen, um deine Pflanzen mit der richtigen Menge an Nährstoffen zu versorgen. Aber auch hier kann dir die Einteilung in Starkzehrer, Mittelzehrer und Schwachzehrer helfen, den Stickstoffbedarf deiner Pflanzen einzuschätzen.
So solltest du deine Erdeein- bis zweimal pro Saison mit Kompost, Mist oder organischem Düngeranreichern, wenn du Starkzehrer in einem Topf anbauen möchtest. Auch Brennnesseljauche eignet sich für Düngung von Starkzehrern und hält obendrein Schädlinge fern. Schwachzehrer benötigen keine zusätzliche Düngung. Mittelzehrer solltest du zu Beginn der Saison nur einmal düngen, denn gerade Topfpflanzen sind schnell überdüngt, wenn du ihnen zu viele Nährstoffe zuführst. Das schadet den Pflanzen und letztlich auch deiner Gesundheit, wenn sich überschüssiges Nitrat zum Beispiel in Salatblättern anreichert.
Ganz wichtig: Gieße deine Pflanzen gut, damit sie die wasserlöslichen Stickstoffverbindungen aufnehmen und gut wachsen können.
Der geringe Platz im Hochbeet macht es gar nicht so leicht, Stark-, Mittel- und Schwachzehrer abzuwechseln. Es sind eben gerade die Stark- und Mittelzehrer, die wir Jahr für Jahr wieder ernten möchten: Tomaten, Gurken, Paprika, vielleicht ein paar Karotten und Salat.
Damit der Boden in deinem Hochbeet nicht ausgelaugt wird, solltest du zwischen Reihen und Jahren auch mal ein paar Leguminosen (Schmetterlingsblütler) anbauen und deine Starkzehrer zu Beginn der Saison mit einem organischen Dünger, Kompost oder Mist düngen.
Wer mehrere Hochbeete hat, kann darin Stark-, Mittel- und Schwachzehrer in einer Rotationsbewegung jährlich abwechseln.
Mehrjährige Pflanzen solltest du nicht nach einem Jahr herausreißen, um den Fruchtwechsel einzuhalten, auch wenn sie vielleicht Starkzehrer sind.
Die meisten mehrjährigen Pflanzen verbrauchen ohnehin weniger Nährstoffe als einjährige, Ausnahmen sind zum Beispiel Rhabarber und Spargel. Wenn deine mehrjährigen Pflanzen Stickstoff-Mangelerscheinungen zeigen wie kümmerliches Wachstum, geringere Erträge, gelbe Blätter oder Schädlingsbefall, ist eine Düngung sinnvoll. Nach ca. sieben Jahren sollten Rhabarber und Spargel allerdings an einen neuen Standort umziehen.