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Florfliege

Aus die Laus

Melanie Melanie
30.03.2022 · 8 Minuten Lesezeit

Ein Balkon oder Garten ist nur dann ein Paradies, wenn Schädlinge nicht alles auffressen. Für die Dezimierung der unerwünschten Mitesser gibt es jedoch ein gutes Gegenmittel, das zudem noch umsonst zu haben ist: Nützlinge. Sie haben Läuse und Co. zum Fressen gern und bewahren dich vor dem ein oder anderen Nervenzusammenbruch.

Das erwartet dich:

Es gibt Lebewesen, die einem völlig gleichgültig sein können, solange man im Supermarkt einkauft. Man weiß natürlich, dass Schnecken, Läuse, Marienkäfer und Schwebfliegen existieren. Aber was die so treiben, ist ja deren Bier. Glaubt man zumindest.

Mit der Endverbraucher-Ignoranz ist es spätestens dann vorbei, wenn man eigenes Gemüse anbauen und ernten will. Irgendwann kommt der Moment, in dem man eine zufriedene Schnecke vom kahlgefressenen Salatbeet wegkriechen sieht. Doch anstatt nun mit Schneckenkorn wie mit Konfetti um sich zu werfen, sollte man andere Tiere in das gefährdete Paradies locken: Nützlinge.

Das natürliche Gleichgewicht

Nehmen Schädlinge überhand, ist das ein Zeichen dafür, dass es ihnen zu gut geht – und ihren natürlichen Fressfeinden zu schlecht. Nützlinge wie Marienkäfer, Florfliegen und Laufkäfer kann man gezielt fördern mit wilden Ecken (Totholz-, Laub- und Steinhaufen, alte Baumstümpfe) und blühender Artenvielfalt.

Wer Nützlinge im eigenen Reich haben will, verzichtet auf Chemiekeulen. Auch ein kurz geschorener Rasen oder ein stets blank polierter Balkon stellt ein Problem dar. Diese „aufgeräumten“, also toten Orte bieten Nützlingen keine Lebensräume. Sie wollen lieber dort wohnen, wo was los ist – genau wie die meisten von uns.

Doch welche Nützlinge gibt es überhaupt? Und wie schafft man es, sie anzusiedeln?

Marienkäfer und ihre Larven

Marienkäferlarven auf Blatt
Marienkäferlarven in verschiedenen Stadien: ganz klein (rechts), gut genährt (mittig), kurz vorm Schlüpfen (links).

Da wäre zum Beispiel der Marienkäfer. In Deutschland gibt es 70 verschiedene Arten. Hat man eine Marienkäferspezies im Garten oder auf dem Balkon entdeckt, darf man sich ein siegesgewisses Grinsen erlauben. Die ausgewachsenen roten, gelben und schwarzen Glücksbringer fressen 50 bis 150 Blattläuse pro Tag. Die Marienkäferlarven verputzen in den dreißig bis sechzig Tagen bis zu ihrer Verpuppung ebenfalls bis zu 100 der lästigen Pflanzensaftsauger pro Tag.

Die gepunkteten Schädlingsfresser holt man sich in den Garten oder auf den Balkon, indem man ihnen Blattläuse serviert. Die muss man nicht extra anlocken, denn diese Biester kommen ja von selbst. Hat man Blattläuse entdeckt, muss man nicht alle mit Seifenlauge besprühen. Man kann ruhig welche für die Marienkäfer und ihre Kinder übriglassen. Wer noch keine Käfer im eigenen Refugium hat, kann sich Marienkäferlarven im Internet bestellen. Dann aber am besten die einheimischen Arten. Denn der aus Asien stammende „Harlekin“ zum Beispiel verspeist zwar viele Blattläuse, dafür aber auch andere Marienkäferarten.

Den Winter überleben Marienkäfer in Winterstarre. Dafür brauchen sie Laubhaufen, Totholz oder Mauerritzen. Wer sie fördern will, braucht Mut zum Chaos: im Garten nicht groß aufräumen, sondern Schutzräume für Marienkäfer lassen; nicht alle Mauerritzen verspachteln, sondern ein paar offenlassen. So kommen die Käfer über die kalte Jahreszeit und können im Frühjahr auf Partnersuche gehen, Eier legen und Blattläuse fressen.

Schwebfliegenlarven

Schwebefliege
Als Erwachsene harmlos, als Larve mörderisch: die Schwebfliege.

Für ungeübte Augen sind die gelb-schwarz gestreiften Schwebfliegen leicht mit Wespen zu verwechseln. Im Gegensatz zu Wespen sind Schwebfliegen jedoch komplett harmlos. Beim Fliegen machen sie lustige Brummgeräusche und sie können mit bis zu 300 Flügelschlägen in der Sekunde scheinbar in der Luft stillstehen.

Um sie in den Garten zu holen, sollte man Doldenblütler anbauen. Dazu zählen unter anderem Dill und Wilde Möhre, aber auch der allseits unbeliebte Giersch. Während die erwachsenen Schwebfliegen nur von Luft, Liebe und Nektar leben, haben ihre Larven Appetit auf Fleisch. Innerhalb von nur zehn Tagen landen mehrere Hundert Blattläuse im Bauch der Schwebfliegenlarve. Diese durchsichtige Made sieht nicht sehr hübsch aus – aber wen juckt’s, wenn Mangold & Co. durch sie entlaust werden?

Nur bei Tomaten und Gurken kapituliert die fleißige Made. Die Stängel sind zu behaart für ihren weichen Körper, über die borstigen Härchen kann sie nicht hinweg kriechen.

Ohrwürmer

Ohrwurm
Oh du schöner Ohrwurm – kriech und schnapp dir die Blattläuse!

Schon allein die Kneifzangen wirken furchteinflößend: Ohrwürmer (auch: Ohrkneifer) sind nachts unterwegs und jagen Blattläuse und Apfelwickler. Sie fressen sogar den Mehltau-Rasen ab. Ab und zu knabbern sie auch Früchte an – im Vergleich zu ihrem sonst so nützlichen Speiseplan jedoch durchaus verkraftbare Verluste.

Ohrwürmer überwintern in hohlen Stängeln oder Laubhaufen. Tagsüber verstecken sie sich gerne unter Holz, in Ritzen oder sonstigen chaotischen Gartenecken. Man kann auch selbst Ohrwurmbehausungen bauen: Dazu steckt man einen Holzstock leicht schräg ins Beet. Er sollte noch ca. 20 cm rausschauen. Dann nimmt man einen Übertopf aus Ton, stopft Heu hinein und steckt diesen auf den Stock. Fertig ist das Ohrwurmhaus, das hoffentlich bald bezogen wird. (Um freche Vögel daran zu hindern, das Heu für ihre Nester zu klauen, kann man die Öffnung des Tontopfs mit Hasendraht bespannen.)

Damit Ohrwürmer sich vermehren können, darf man im Herbst faul in der Hängematte liegen. Rasenmähen und Umgraben sollte man zu dieser Jahreszeit bleiben lassen. Hohle Stängel und Erdlöcher sind nämlich die Orte, wo die Weibchen ihre Brut großziehen. Also ruhig auch ein paar verdorrte Blumenstängel im Blumenkasten stehenlassen. Wer weiß, ob nicht doch ein Ohrwurm eingezogen ist?

Florfliege

Florfliege
Diese Florfliege hat ein aufregendes Larvenleben hinter sich und mehrere Hundert Blattläuse und Spinnmilben auf dem Gewissen.

Ein bisschen sieht die Florfliege aus wie eine grüne Außerirdische. Sie hat filigrane Flügel und Fühler und einen hellgrünen Körper. Erwachsene Exemplare bevorzugen vegane Kost. Anders sieht es bei den Larven aus. Die fressen sämtliche Läuse und Spinnmilben, die ihnen in die Quere kommen. 18 Tage lang hat man so beste Schädlingsvernichter im Garten, die sich schließlich verpuppen und sich in Florfliegen verwandeln.

Damit sie einwandfrei überwintern können, lässt man den Florfliegen kühle Schlupfwinkel im Garten, Schuppen oder auf dem Dachboden.

Vögel, Frösche, Kröten, Blindschleichen

Blaumeise
Unter den Vögeln sind vor allem die Meisen (hier: Blaumeise) als Schädlingsjäger bekannt.

Klar: Wer einen Balkon hat, kann keine Frösche, Kröten oder Blindschleichen ansiedeln. Im Garten aber kann man ihnen Rückzugsorte gestalten, indem man einen Teich bzw. Steinhaufen anlegt. Alle drei Tierarten fressen wahnsinnig gerne Schnecken – zum Frühstück, Mittagessen und Abendessen. Und zu allen Zwischenmahlzeiten.

Vögel picken ebenfalls gern Schnecken, gehen aber auch auf Raupen- und Würmerjagd und dezimieren so die Anzahl an Schädlingen im Garten. Allen voran sind es die Meisen, die fleißig auf Proteinjagd für ihren Nachwuchs gehen. Wie man Vögel fördert, dürfte jedem klar sein: Vogelhäuschen aufhängen, Bäume und Sträucher stehen lassen, Vogeltränken einrichten.

Schwarzer Schneckenkäfer, Goldlaufkäfer, Puppenräuber, Glühwürmchen

Puppenräuber Käfer
Menschenkinder müssen vor diesem Puppenräuber keine Angst haben. Der Käfer hat es auf Schädlinge abgesehen.

Schwarzer Schneckenkäfer, Goldlaufkäfer und Puppenräuber gehen auf Jagd nach Raupen, Kartoffelkäfern und deren Larven, Schnecken und so weiter. Deswegen sollte man, bevor man einen Käfer von den Kartoffelpflanzen entfernt, lieber nachschauen, welcher es ist – vielleicht spielt er ja in deinem Team und frisst die ganzen unerwünschten Mitesser auf.

Glühwürmchen zählen zu den Leuchtkäfern. Sie verbringen ihre ersten drei Jahre als Larven und fressen in dieser Zeit Schnecken und deren Eier. Richtige Käfer sind sie nur wenige Tage, in denen sie auf Partnersuche gehen.

Glühwürmchen
Ein Glühwürmchen-Weibchen leuchtet den Herren heim - beziehungsweise zu sich, damit die Paarung stattfinden kann.

Indem man auf künstliche Beleuchtung im Garten oder auf dem Balkon verzichtet, gibt man den Glühwürmchen die Chance, sich wohlzufühlen. Von den Glühwürmchen leuchten nur die Weibchen. Da sie nicht fliegen können, locken sie die Männchen mit dem Lichtsignal zu sich. Doch nur wenn es dunkel ist, können die Männchen die Weibchen entdecken und sich mit ihnen paaren.

Sowohl Laufkäfer als auch Leuchtkäfer nutzen sichere Totholzecken, um zu überwintern. Ein Haufen aus Ästen und Zweigen in einem Bereich im Garten, wo er niemanden stört, bietet ihnen einen guten Unterschlupf.

Hornissen

Hornisse
Besser als ihr Ruf: Hornissen jagen Blattläuse, Raupen und Co. Ab und zu natürlich auch Honigbienen ...

Sie sind nicht so schlimm wie ihr Ruf, sogar viel friedfertiger als Wespen: Hornissen fressen manchmal auch Honigbienen, jagen jedoch hauptsächlich Blattläuse, Raupen & Co. Wahrscheinlich will man die gefährdeten Insekten – aus Respekt vor ihrem Stich – trotzdem nicht unbedingt im eigenen Garten oder auf dem Balkon haben. Sollten sie sich trotzdem dort niederlassen, keine Sorge: Hornissen bleiben nur ein Jahr. Und während dieser Zeit gehen sie auf Plagegeisterjagd!

Spinnen und Raubmilben

Gartenspinne
Eine Gartenspinne auf der Suche nach Beute. Hurra!

Last but not least: Spinnen. Uäh!

Für viele sind Spinnen ein Albtraum auf acht Beinen. Aber wer Angst vor ihnen hat, ist in guter Gesellschaft. Denn die fleißigen Netzweber fangen Unmengen an Fliegen, Faltern, Käfer, Raupen, Wanzen und Läusen. Unsere Gemüsepflanzensauger dürften vor Spinnen noch mehr Zittern als mancher Mensch. Weberknechte fressen übrigens auch Schneckeneier.

Also: Besser freuen, wenn man viele Spinnen im Garten oder auf dem Balkon hat, anstatt schreiend den Staubsauger zu holen.

Zu den Spinnentieren gehören auch Raubmilben (Phytoseiulus persimilis). Diese Winzlinge sind lediglich 0,5 mm groß, sitzen an Blattunterseiten und jagen die schädlichen Spinnmilben. Raubmilben werden systematisch in der biologischen Schädlingsbekämpfung eingesetzt.

Auch praktisch: Die Arten Hypoaspis aculeifer und Hypoaspis miles kümmern sich darum, dass Trauermücken und deren Larven verschwinden. Also diese lästigen, kleinen schwarzen „Fliegen“, die vor allem im Winter manch stolze Zimmerpflanze auf den Kompostfriedhof befördern. Kaufen kann man diese nützlichen Raubmilben im Internet.

Eine Geheimwaffe gegen Trauermücken sind übrigens auch Nematoden. Das sind Wurzelälchen, die sich in der Erde tummeln und sich von den Larven der Trauermücken ernähren. Millionen winzig kleiner Tierchen sorgen dafür, dass die lästigen Fliegen und ihre wurzelfressenden Larven nach und nach verschwinden.

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