Zum World Clean Up Day sammeln wir dieses Jahr kein Plastik von der Straße, sondern Müllargumente auf Social Media. Du hast auch genug von dummen Kommentaren, die den Klimawandel und die Macht des Gärtnerns kleinreden? Hier kommen einige mit Whataboutism gespickte Aussagen und wie du sie entkräftest.
Das erwartet dich:
„Aber China verursacht doch viel mehr CO2 als Deutschland. Sollen die doch anfangen!“
„Schau mal wie viel es diesen Sommer geregnet hat. Wo ist er denn jetzt, dein Klimawandel?“
„Ein paar Pflanzen auf dem Balkon retten doch nicht die Welt“
„Wenn nur ich mich vegetarisch ernähre, macht das doch keinen Unterschied“
„Ein Steingarten macht weniger Arbeit als ein bienenfreundlicher Garten.“
Es stimmt zwar, dass China weitaus mehr CO2-Emissionen als Deutschland verursacht. Doch ist das noch lange kein Grund, nichts gegen den Klimawandel zu tun. Hier sind einige Gegenargumente:
Absolute vs. pro Kopf-Emissionen: China hat eine weitaus größere Bevölkerung als Deutschland. Betrachten wir die CO2-Emissionen pro Kopf, liegt Deutschland je nach Statistik sogar über China. (1; 2)
Historische Verantwortung: Industriestaaten wie Deutschland haben historisch gesehen einen großen Teil der CO2-Emissionen verursacht, die zu den aktuellen Klimaproblemen geführt haben. Daraus entsteht eine gewisse moralische Verpflichtung. (3)
Globale Verantwortung: Der Klimawandel ist ein komplexes und globales Problem, das die Zusammenarbeit aller Länder erfordert. Nur weil China derzeit mehr CO2 emittiert als Deutschland, bedeutet das nicht, dass Deutschland nicht seinen Teil zur Bekämpfung des Klimawandels beitragen und mit der Reduzierung seiner Emissionen ein positives Beispiel darstellen sollte. (4)
Deutsche Emissionen in China: Seit Jahrzehnten lässt Deutschland Produkte oder Produktbestandteile in großen Mengen unter anderem in China produzieren. Dadurch trägt es dort indirekt zu höheren Emissionen bei. Während in Deutschland viele Unternehmen zwar Produkte entwickeln, findet ein Großteil der eigentlichen Produktion in China statt. Deutschland ist im Gegensatz zu China CO2-Importeuer. (5)
Wir werden selbst betroffen sein: Der Klimawandel verursacht auch hier in Deutschland extreme Wetterereignisse und wird langfristig viel Geld kosten. Schon deshalb lohnt es sich, etwas dagegen zu tun.
China investiert in erneuerbare Energien: Für Deutschland ist es auch eine wirtschaftliche Chance, in klimafreundliche Technologien zu investieren und so in Zukunft wettbewerbsfähig bleiben und von einer saubereren Energieinfrastruktur profitieren. (7; 8; 9)
Die wissenschaftliche Erkenntnis des Klimawandels basiert auf umfangreicher Forschung und Daten, die über einen langen Zeitraum hinweg gesammelt wurden. Einzelne Wetterereignisse können diese Fakten nicht umkehren.
Verwechslung von Wetter und Klima: Ein einzelner kühler und regnerischer Sommer ist lediglich eine kurzfristige Wettererscheinung. Klima hingegen bezieht sich auf langfristige Trends über Jahrzehnte hinweg. Ein einzelner Sommer kann nicht als Beweis für oder gegen den Klimawandel dienen. (10)
Regionale Variabilität: Der Klimawandel betrifft nicht zwangsläufig alle Regionen der Welt gleichermaßen. Während der Sommer bei uns kalt und regnerisch sein mag, können andere Regionen gleichzeitig von Hitzewellen oder Dürren betroffen sein. (11)
Klimawandel ist komplex: Der Klimawandel ist das Ergebnis eines komplexen Zusammenspiels von Faktoren wie Treibhausgasemissionen und Kipppunkten und hat wiederum sehr komplexe Auswirkungen auf die unterschiedlichsten Bereiche. Ein einziger verregneter Sommer kann isoliert betrachtet gar nichts über dieses komplexe Phänomen aussagen. (12; 13)
Zunahme extremer Wetterereignisse: Der Klimawandel führt zu einer Zunahme von extremen Wetterereignissen, einschließlich Hitzewellen, Dürren, Starkregen und Stürmen. Ein kühler Sommer widerspricht nicht dieser allgemeinen Zunahme an Extremereignissen, die im Einklang mit den Klimamodellen steht. (14)
Langfristiger Trend überwiegt: Obwohl es weiterhin Abweichungen im kurzfristigen Wetter geben wird, zeigen die langfristigen Daten einen klaren Trend zu wärmeren Temperaturen und anderen Anzeichen des Klimawandels. (15)
Alle 7 Jahren "fließt" die gesamte Menge C02 in der Atomsphäre einmal durch die Blätter dieser Erde und wird so in Biomasse umgewandelt (16). Klar wirst du mit ein paar Balkonpflanzen nicht viel dazu beitragen, aber ist es nicht ein gutes Gefühl, Teil von etwas Großem zu sein? Hier kommen weitere Argumente, warum es sehr wohl etwas ändert, wenn du zu Hause Pflanzen anbaust:
Ökologischen Fußabdruck reduzieren: Selbst angebautes Gemüse verursacht kein CO2 für den Transport und keinen Verpackungsmüll. Auch wenn der Anteil an deiner gesamten Ernährung klein ist, kannst du dich so zumindest zu einem kleinen Teil selbst versorgen.
Frischer und gesünder: Du kannst sicher sein, dass keine Pestizide oder chemischen Zusätze in deinen Lebensmitteln stecken und lebst so gesünder.
Verbindung zur Natur: Durch den Anbau von Gemüse auf dem Balkon kannst du auch als Stadtmensch eine engere Verbindung zur Natur herstellen, Stress reduzieren und deine psychische Gesundheit fördern.
Beitrag zur Biodiversität: Selbst kleine Anbauflächen können dazu beitragen, die lokale Biodiversität zu unterstützen. Pflanzen auf dem Balkon können Bestäuber wie Bienen und Schmetterlinge anziehen, was zur Erhaltung der Ökosysteme beiträgt.
Inspiration für andere: Indem du zeigst, dass sogar auf begrenztem Raum Gemüse angebaut werden kann, inspirierst du andere, es ebenfalls auszuprobieren und einen nachhaltigeren Lebensstil zu finden.
Tierhaltung und Fleischproduktion sind mit erheblichen Treibhausgasemissionen verbunden, hauptsächlich durch die Freisetzung von Methan aus Verdauungsprozessen der Tiere. Schätzungsweise trägt die Tierhaltung zu etwa 15% der globalen Treibhausgasemissionen bei. (17)
Zwar macht es keinen großen Unterschied, wenn sich eine einzige Person vegetarisch oder vegan ernährt. Doch mit der Umstellung auf eine vegetarische Ernährung kannst du ca. 450 kg CO2 pro Jahr einsparen. (18) Der Einzelne kann also als Teil einer großen Bewegung wirklich etwas bewirken.
Durch bewusste Kaufentscheidungen ändert sich die Nachfrage auf dem Markt. Es wird weniger (Billig-)fleisch produziert.
Eine hohe Fleischproduktion hat einen hohen Flächenverbrauch und Pestizideinsatz für Futtermittel sowie einen erhöhten Bedarf an Antibiotika für die gehaltenen Tiere zur Folge. (19; 20) Das hat negative Auswirkungen auf Umwelt, Klima und die Wirksamkeit von Medikamenten. Auch das Risiko von Zoonosen ist dort erhöht, wo viele Tiere auf engem Raum gehalten werden. (21)
Mit dem Konsum gerade von Billigfleisch werden Großkonzerne der Fleischindustrie unterstützt, die durch ihre Monopolstellung immer mehr Druck auf die Landwirtschaft ausüben können. (22)
Politische Statements und Demonstrationen üben Druck auf Entscheidungsträger aus und führen mittelfristig zu großen politischen Veränderungen.
Abgesehen von seinem ökologischen Nutzen ist die Pflege eines bienenfreundlichen Gartens nicht unbedingt zeitaufwendiger als die eines Steingartens:
Alle Pflanzen brauchen Pflege: In einem Steingarten gibt es meist nicht viel Grün außer ein paar Gräsern und Büschen. Doch selbst diese Pflanzen benötigen Pflege, zum Beispiel durch Rückschnitt.
Unkrautkontrolle: Steingärten können immer noch Unkrautprobleme haben, besonders in den Zwischenräumen. Das Entfernen von Unkraut und die Säuberung der Steine dann sogar zeitaufwendiger sein als das Entfernen von Unkraut in einem bienenfreundlichen Garten.
Wildwuchs macht wenig Arbeit: Ein bienenfreundlicher Garten trägt zur Aufrechterhaltung der lokalen Biodiversität aufrechtzuerhalten. Und dabei muss er gar nicht viel Arbeit machen. Im Gegenteil reicht es beispielsweise aus, einmalig eine insektenfreundliche Blühwiese anzulegen und diese ein- bis zweimal im Jahr zu mähen. Das war’s an Pflege. Easy, oder?
Außerdem sehen Steingärten einfach scheiße aus! Ende der Diskussion.
(1): Global Carbon Atlas https://globalcarbonatlas.org/emissions/carbon-emissions/
(2): NDR https://www.ndr.de/nachrichten/info/Klima-Suender-und-Klima-Pionier-Die-zwei-Gesichter-Chinas,china1370.html
(3): geo.de https://www.geo.de/natur/nachhaltigkeit/historische-verantwortung-fuer-die-klimakrise--deutschland--nur--auf-platz-6-aller-laender-30807594.html
(4): klimafakten.de https://www.klimafakten.de/node/2045#lang
(5): dw.com https://www.dw.com/de/faktencheck-china-verantwortung-schuld-klimawandel-co2-aussto%C3%9F/a-57832748
(6): Umweltbundesamt https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimafolgen-anpassung/folgen-des-klimawandels/klimafolgen-deutschland
(7): Bundeszentrale für politische Bildung https://www.bpb.de/themen/asien/china/512519/chinas-klimapolitik/#footnote-target-5
(8): Chinaenergyportal.org (Übersetzungen von Chinesischen Regierungswebseiten) https://chinaenergyportal.org/en/2021-electricity-other-energy-statistics-preliminary/
(9): NDR https://www.ndr.de/nachrichten/info/Klima-Suender-und-Klima-Pionier-Die-zwei-Gesichter-Chinas,china1370.html
(10): Deutscher Wetterdienst https://www.dwd.de/DE/service/lexikon/Functions/glossar.html?lv3=101462&lv2=101334
(11): Tagesspiegel https://interaktiv.tagesspiegel.de/lab/klimawandel-afrika-welt-wer-das-klima-schaedigt-und-wer-die-folgen-traegt/
(12): Bildungsserver Wiki https://wiki.bildungsserver.de/klimawandel/index.php/Klimamodelle
(13): Scheffran, Jürgen: Klimawandel als Risikoverstärker in komplexen Systemen. In: Guy P. Brasseur, Daniela Jacob, Susanne Schuck-Zöller (Hrsg.): Klimawandel in Deutschland. Berlin/Heidelberg: Springer Spektrum 2017, S. 287-294. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-662-50397-3_28
(14): Umweltbundesamt https://www.umweltbundesamt.de/themen/klima-energie/klimawandel/weltweite-temperaturen-extremwetterereignisse-seit#das-jahr-2021
(15): Klimafakten.de https://www.klimafakten.de/behauptungen/behauptung-die-temperaturdaten-sind-nicht-verlaesslich
(16): Pflanzenforschung.de https://www.pflanzenforschung.de/de/pflanzenwissen/journal/gruene-lunge-atmet-tief-durch-841
(17): dw.com https://www.dw.com/de/faktencheck-wie-sch%C3%A4dlich-f%C3%BCr-das-klima-ist-der-verzehr-von-fleisch-wirklich/a-63252828
(18): Statista https://de.statista.com/infografik/20492/co2-ausstoss-verschiedener-ernaehrungsweisen/
(19): dw.com https://www.dw.com/de/fleischatlas-hohe-kosten-f%C3%BCr-billigfleisch-gesundheit-klima-abholzung-pandemie-pestizide-resistenzen/a-56137373
(20): Heinrich-Böll-Stiftung: Fleischatlas https://www.boell.de/de/2021/01/06/pestizide-gift-auf-dem-acker-und-im-fleisch
(21): Heinrich-Böll-Stiftung: Fleischatlas https://www.boell.de/de/2021/01/06/zoonosen-tierproduktion-pandemie-gesundheit
(22): Heinrich-Böll-Stiftung: Fleischatlas https://www.boell.de/de/2021/01/06/die-fleischindustrie-wer-schlachtet-europa
Weitere:
Tagesschau.de https://www.tagesschau.de/wissen/klima/co2-ausstoss-carbon-project-101.html
Klimabericht des IPCC 2022 https://www.ipcc.ch/report/ar6/wg3/downloads/report/IPCC_AR6_WGIII_SummaryForPolicymakers.pdf