Minimalismus? Finden wir gut, aber nicht wenn es um Pflanzen geht! Viele Hausbesitzer entscheiden sich heute für die vermeintlich einfachste Lösung der Gartenfrage: Schotter drauf und fertig ist der Stein gewordene Spießbürger-Traum. Alles ist ordentlich, sauber und ach so pflegeleicht. Außerdem gibt es ja ein paar Buchsbäumchen und Gräser. Was Steingärten der Natur wirklich antun, warum sie unpraktisch und im Grunde genommen sogar verboten sind, erfährst du hier.
Das erwartet dich:
Die Kiesel kosten mehrere Hundert Euro pro Tonne. Sie werden gerade in schattigen Lagen schnell moosig und müssen regelmäßig mit Laubbläser und Hochdruckreiniger sauber gemacht werden. Eine Belastung für den Geldbeutel und für kleine Insekten, die sich in die Steinwüste verirrt haben. Nach einigen Jahren müssen Vlies und Kies vollständig erneuert werden.
Blätter und angewehte Erde müssen entfernt werden, sonst wächst auch hier sehr viel Gras – was den Steingartenbesitzern ein Dorn im Auge ist. Ein naturnaher Garten mit heimischen Pflanzen kann sogar weniger Arbeit machen, da die Pflanzen fast das gesamte Jahr sich selbst überlassen werden.
Pflanzen spenden Schatten und kühlen den städtischen Raum ab – Steine sorgen zusätzlich dafür, dass er sich aufheizt. So verbrennt selbst das letzte Grün und muss ausgetauscht werden. Außerdem schlucken Pflanzen Stadtlärm ein Stück weit, während Steine ihn verstärken.
Vögel und Insekten nutzen grüne Gärten auf der Suche nach Nahrung und Nistplätzen als kleine Oasen. In Steingärten werden häufig Pestizide gegen Unkraut eingesetzt, was alles Leben auf der Fläche vernichtet. Wenn es Bepflanzung gibt, beschränkt sich diese meist auf Gräser, Rhododendren, Kirschlorbeer, Bambus oder andere für unsere Ökosysteme nutzlose Pflanzen. Auch Vögel und wärmeliebende Reptilien finden in Steingärten keine Nahrung.
Im besten Fall verhält sich der Boden in der Stadt wie ein Schwamm, der Oberflächenwasser aufnimmt und speichert. Gesunder Boden kann je nach Bodenart zwischen 8 und 25 Liter Wasser pro qm und Stunde aufnehmen und auf 1 m³ bis zu 200 L Wasser speichern. Das wird besonders relevant werden, wenn es in Zukunft häufiger zu Starkregenereignissen kommt. Der Boden unter Schottergärten ist jedoch stark verdichtet und leblos, sodass er kaum Wasser aufnehmen kann. Statt vom Boden aufgesaugt und gefiltert zu werden, läuft das Wasser in den Kanal, in Keller oder ungefiltert in Gewässer.
In Steingärten gibt es weder sprießende Frühblüher noch frische grüne Triebe, weder Vogelgezwitscher noch Insektenbrummen, weder Sonnenblumen noch reifendes Gemüse. Es sieht einfach das ganze Jahr über gleich aus. Ein öder und trauriger Anblick.
Ja, aber darunter sind keine vegetationsarmen Steinwüsten zu verstehen, sondern Flächen, die mit einem hohen Anteil an Steinen im Substrat auf trockenheitsliebende Pflanzen mit geringem Nährstoffbedarf oder verschiedene Reptilien und Insekten abgestimmt sind.
In den meisten Landesbauordnungen finden sich Vorgaben für nicht überbaute Flächen: Sie müssen wasseraufnahmefähig sein und begrünt oder bepflanzt werden. Ausnahmen sind zum Beispiel PKW-Stellplätze und Wege – nicht aber Steingärten. Denn insbesondere wenn eine Unterlage aus Vlies ausgebreitet wird, kann Wasser nicht mehr richtig abfließen. Inwiefern diese Vorgaben in Bebauungsplänen umgesetzt und Kontrollen durchgeführt werden, liegt bei den Kommunen. Leider finden aktuell nur wenige Kontrollen statt.
Ein explizites Verbot gibt es nur in Baden-Württemberg, Bremen, Hamburg, Schleswig-Holstein und Sachsen-Anhalt (hier nur für neu angelegte Gärten), in Niedersachsen gibt es ein entsprechendes Urteil des Oberverwaltungsgerichts, nachdem Steingärten der niedersächsischen Bauordnung widersprechen.* Und auch einige Kommunen haben in ihren Bebauungsplänen Steingärten bereits explizit verboten. Dies bestätigt die in den Landesbauordnungen festgelegten Vorgaben.
Mit jedem Steingarten geht ein Stück fruchtbarer Boden verloren, der so bereichernd für Artenvielfalt und die Lebensqualität in der Stadt sein könnte. Animiere Menschen in deiner Umgebung, ihren Steingarten Stück für Stück in ein pflegeleichtes Insektenparadies zu verwandeln.
Dazu können die Steine zum Teil sogar erhalten bleiben. In jedem Fall muss Abtrenn-Vlies entfernt werden, um die Verbindung zum Boden wiederherzustellen. Durch die Zugabe von Sand- und Kompost entstehen künstliche Trockenstandorte, die Felshängen und Magerwiesen gleichen. Hier fühlen sich ähnlich wie auf Schotterhalden und Bahndämmen bedrohte Wildkräuter- und Blumen sowie Magerstauden wohl.
Alternativ kann auch der Schotter abgetragen, der darunterliegende Boden aufgelockert und mit 20 cm Humus bedeckt werden. Hier gedeihen alle möglichen bienenfreundlichen Stauden und Wildblumen, zum Beispiel die Blumen in unserem Saatgutset „Essbare Blüten“.
* Wir geben für die Angaben zum Verbot von Steingärten keine Gewähr, da sich Vorgaben stetig ändern können und bestehende Vorgaben von den Kommunen unterschiedlich ausgelegt werden. Im Zweifelsfall: Leg einfach keinen Steingarten an!
Quellen
(1) https://www.bio-gaertner.de/Verschiedenes/Bewaesserung
(2) https://www.bodenwelten.de/content/boden-wird-versiegelt
(3) https://www.mein-schoener-garten.de/service/gartenrecht/schottergaerten-verboten-43171
(4) https://www.hamburg.de/wandsbek/pressemitteilungen/16484084/2022-08-09-kundenzentrum-rahlstedt-geschlossen/
(5) https://oberverwaltungsgericht.niedersachsen.de/aktuelles/presseinformationen/die-niedersachsischen-bauaufsichtsbehorden-konnen-die-beseitigung-von-schottergarten-anordnen-218855.html
Weitere:
NABU: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/grundlagen/planung/26658.html
NABU: https://www.nabu.de/umwelt-und-ressourcen/oekologisch-leben/balkon-und-garten/trends-service/trends/23829.html